Ostwestfalen mit dem Lehrkörper 1975 bis 1976

Ostwestfalen mit dem Lehrkörper

Waren im Emsland die schweren Urlauber-D-Züge mit 01.10 der Hauptanziehungspunkt, so war Ottbergen das Wunschziel für 44er vor schweren Güterzügen.

Das Thema „Dampf in Ostwestfalen“ wurde von uns leider ein wenig spät begonnen. Ohne Hilfe unseres Erdkundelehrers Horst Nolte hätten wir den faszinierenden Dampfeinsatz der Jumbos in und um Ottbergen fast gar nicht mehr kennen gelernt. Wir sind ihm sehr dankbar!

Junger Hüpfer - Altes Eisen

Alter liegt im Auge des Betrachters. Nicht nur bei mir selbst, sondern auch bei den Eisenbahnfahrzeugen. Am 08.06.1975 fotografierte ich die 151 013-0 des Bw Hagen-Eckesey als elektrische Vertreterin der schweren Gütertraktion vor ihrem Güterzug in Warburg.

1973 gebaut war 151 013-0 bei dieser Aufnahme gerade mal fast zwei Jahre alt. 

Damals ein hochmodernes Gerät, gehört sie inzwischen auch schon fast zum alten Eisen. So wie diese Lok heute nahmen wir die 44er damals wahr. 

Verfolgungsfahrten

„Wir sind ja nicht zum Spaß hier“ und „Essen könnt Ihr immer noch“ waren die weisen Sprüche unseres Fahrers, wenn es um die Verfolgung der Dampfzüge mit dem Ziel einer möglichst guten Fotoausbeute ging.

Auch mussten Prioritäten gesetzt werden. Bei einer dieser Verfolgungsfahrten hatten wir uns vor Bad Driburg einen Fotostandpunkt ausgesucht, zu dem wir erst den Bahndamm erklimmen mussten. Warum unser Lehrer erst ein paar Minuten nach uns und erst beim immer lauter werdenden Dampflokgeräusch auftauchte, erfuhren wir erst nach getaner Arbeit ...

044 319-2 am 25.10.1975 vor Bad Driburg

Während der Ersteigung des Bahndamms mussten seine Fotoutensilien aktiviert werden. Das heißt: Wühlen in der Fototasche, denn es musste noch ein neuer Film eingelegt werden. Dabei rutschte der Ehering von der Hand und ließ sich in der Kürze der Zeit – der Auspuffschlag kam immer näher – nicht sofort finden. Deshalb, die Stelle markiert, rauf zum Bahndamm, die Fotos gemacht. Nach dem Ehering wurde anschließend gemeinsam, erfolgreich gesucht und dann ging es weiter.

Kurz nachdem 044 319-2 aus Bad Driburg kommend den Reelsener Tunnel verlassen hatte, erwischten wir sie auf der Brücke an der Straßenabzweigung nach Reelsen.

Oft wurden wir von den geschlossenen Schranken gestoppt. Dann gab es immer ein paar „Notschüsse“.

Hier bei Brakel gelang uns bei so einem „Zwangshalt“ am 24.04.1976 ein Foto einer Zugbegegnung eines von 044 319-2 gezogenen Kesselwagenzuges mit einem Nahverkehrszug mit Silberlingen.

Dieses Bild noch von 044 319-2 - und schon ging es weiter.

Am 11.05.1976 ließen wir einer 044 in Bad Driburg den Vortritt. 

Von 044 591-6 hielten wir am 24.05.1976 in Ottbergen gebührend Abstand.

Wichtig für die Verfolgungsfahrten war eine entsprechende Vorbereitung durch Kartenmaterial und Fahrplaninformationen.

Langes Eisenbahn-Wochenende

Die Fahrtvorbereitung mussten im analogen Zeitalter rechtzeitig begonnen werden. Heute kann fast immer nach Fahrzeiten, Standorten und Karten im Internet vor Ort gesucht werden.

Aus den Veröffentlichungen im Eisenbahnmagazin und Eisenbahnkurier wurde so für die Vorbereitung einer Wochenendfahrt von Freitag, 23. April.1976 (dem letzten Ferientag in den Osterferien) bis Sonntag, 25. April 1976 eine Übersicht von Hand zusammengestellt:
Also standen wir am 23. April 1976 um halb 4 Uhr morgens am Bahnhofsvorplatz in Hagen und warteten auf den weißen SIMCA, mit dem uns unser Erdkundelehrer zur Fahrt in Richtung Ottbergen abholte. Die Abfahrt wurde so früh gelegt, um den um 06:25 Uhr in Ottbergen eintreffenden Güterzug bei noch schwachem Licht fotografieren zu können.

Dies ist die erste Aufnahme mit dem Blick über noch mit Raureif bedeckte Wiesen.

Weiter ging es dann nach dem Lokwechsel in Ottbergen auf 044 319-2 mit gewaltiger Dampf- und Geräuschentwicklung in Richtung Altenbeken.

Tagsüber kam die Sonne raus. Bei fast wolkenlosem Himmel begegnet uns 044 209-5:

Mit so schwachem Licht, wie bei den ersten Aufnahmen an diesem Tag, so wurde auch der abendliche Güterzug in Richtung Kreiensen zusammen mit einer Leerfahrt nach Holzminden kurz hinter Ottbergen mit Lok 044 534-6 an der Spitze aufgenommen.

Am nächsten Tag ging die Dampfjagd weiter. Nicht alle Züge fuhren wie angekündigt. Und es gab am Samstag, 24. April 1976 so manche Überraschungen. So fuhren wir z. B. auf der Jagd nach neuen Motiven nach Höxter. Ein freundlicher Bahnbediensteter wollte erst nicht so recht heraus mit der Sprache. „Ich darf Euch das eigentlich gar nicht sagen …“ Wir sahen wohl aber nicht wie Militärspione aus dem Osten aus, und so erfuhren wir: „Da kommt gleich ein Militärzug durch.“

044 534-6 fährt hier am Bahnhofsgebäude Höxter mit zwei Vorkriegsreisezugwagen als Mannschaftswagen und dem folgenden Verteidigungsgerät auf Flachwagen vorbei.

Bw-Besichtigung

Da wir in Ottbergen und Umgebung fast nur mit unserem Erdkundelehrer in seinem Auto unterwegs waren, entstanden dort im Vergleich zu anderen Dampflokzielen wie Hamm, Duisburg-Wedau, Oberhausen-Osterfeld oder Gelsenkirchen-Bismarck überwiegend Streckenaufnahmen.

Einige Male hielten wir jedoch auch dort an, um die Lokbehandlung hautnah verfolgen zu können.

Auch hier führte der erste Weg in die Lokleitung. Eintragung ins Versicherungsbuch, Entrichtung des Versicherungsbetrages und schon war die Besichtigung des Heiligtums gestattet. Das Bw Ottbergen war übersichtlich. Deshalb wurden dort keine separaten Karten zum Umhängen wie im Bw Rheine ausgegeben.

044 969-4 am 26.08.1975 auf der Drehscheibe

Die Schürzenjäger waren erfolgreich: 


044 084-2 über der Grube

Ein Jumbo beim Nachmittagsschlaf bei geöffneten Schuppenfenstern

Ein wenig Qualm muss sein. 044 084-2 und 044 319-2 beim Frischmachen.

Besuch im Lehrerzimmer

Grundsätzlich verhieß ein „Vorsprechen“ nichts Gutes, besonders wenn ich dazu „einbestellt“ wurde. Als es 1976 mit dem Dampf in Ostwestfalen, der Heimat meines Erdkundelehrers, zu Ende ging, war dies eine willkommene Möglichkeit, kurzfristig eine Eisenbahntour abzustimmen. Wenn z. B. am Montag, 24.05.1976 die beiden letzten Stunden ausfielen, wurde schnell eine Abfahrtszeit Richtung Ottbergen festgelegt. Und dann ging es los…

Hier begegnen wir zwischen Ottbergen und Brakel 044 591-6 mit nicht ganz vorschriftsgemäßer Puffertellerbemalung. Wegen des am 29.05.1976 bevorstehenden Dampfendes hätten die Mundwinkel eigentlich nach unten zeigen müssen.

Die Schürzen-044 067-7 fährt hier mit ihrem Güterzug unter der typischen Oberleitungskonstruktion in Langeland an, um kurz danach im Rehberg-Tunnel nach Altenbeken zu verschwinden.

„Dampfloks auf das Abstellgleis“ 


Beim Warten auf die allabendliche Fuhre in Richtung Holzminden – Kreiensen geben die 57 2070 als ehemalige Heizlok im AW Göttingen und die auch schon ihrer Schilder beraubte 044 084-2 die bedrückende Stimmung zum Dampfende in Ottbergen wieder.

Am 24.05.1976 steht es für den abendlichen Zug in Richtung Kreiensen 2 zu 1. 


044 591-6 und eine Schwestermaschine mit einem Kesselwagen.


 Welch eine Kraftverschwendung!

Mein Abschiedsfoto am 24.05.1976. Ein wehmütiger Blick hinter 044 067-7 bei der Ausfahrt aus Ottbergen in Richtung Wehrden auf meinen letzten Dampfer in Ottbergen.

Meine Aufnahmen in Ottbergen enden an diesem 24.05.1976.
Alle Ostwestfalen-Fotos findet Ihr unter diesem Link zu meiner Fotodatenbank.

Denn Ende Mai 1976 wurde nicht nur der Dampfbetrieb in Ottbergen eingestellt. In meiner Heimatstadt Hagen drehte die Straßenbahn am 29.05.1976 ihre letzten Runden. Am 28. und 29.05.1976  habe ich mich diesem traurigen Ereignis in der Heimat gewidmet.
Alle Fotos aus Hagen von diesen beiden Tagen findet Ihr unter diesem Link zu meiner Fotodatenbank.

Die Touren mit unserem Lehrer waren kurzweilig, brachten tolle Fotos und wir haben sogar noch das eine oder andere gelernt, z. B. in welche Richtung Gewässer auf der Nordhalbkugel mäandrieren.

Vielen Dank Horst!!!

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